Langer Schlag mit Nachtfahrt von Marina nach Palagruža.
Eine lange dunkle Nacht
Seit Stunden stampft Adelika II nun schon durch die pechschwarze Nacht. Unser Ziel liegt in dieser Finsternis vor uns. Gespannt beobachte ich den Kompass und halte hart am Wind den Kurs nach Süden. Immer wieder brechen Wellen im rot-grünen Schein der Positionslichter über den Bug.
Nur wenige Monate vorher wusste ich noch nicht einmal, dass es die Insel Palagruža überhaupt gibt. Und ebenso wenig, dass der südlichste Punkt Kroatiens mitten in der Adria liegt. Doch eine neue Crew – Thomas, Christoph und Dietmar – bringt auch spannende Ideen, unser Plan entwickelt sich und ist schnell erklärt: Wir starten in Marina nahe Trogir, segeln nach Süden durch die Nacht und erreichen am Morgen die Insel. Danach suchen wir uns weitere Ziele.
Der Leuchtturm Stončica auf der Insel Vis ist schon lange hinter dem Horizont verschwunden. Möglichst genau dem Kompass folgend steuere ich unsere Yacht ausschließlich nach Gefühl. Weder der Wind in den Segeln noch die Wellen um uns sind zu erkennen. Dann ist da kurz dieses eine Licht am Horizont, direkt vor dem Bug. War das ein Fischerboot? Oder ein etwas größeres, ein Frachter oder ein Kreuzfahrtschiff in der Ferne? Wir starren zu zweit in die schwarze Nacht und versuchen das Licht wieder zu sehen. Es könnte ja vielleicht auch schon der Leuchtturm der Insel Palagruža auf dem 90 m hohen Felsen sein. Es dauert schließlich eine kleine Ewigkeit, bis wir das Licht wieder sehen. Und erst nach und nach können wir auch den Intervall erkennen, ja unser Ziel ist nun in Sicht.
Exakt auf Kurs
Die Erleichterung ist groß, mit diesem Leuchtfeuer haben wir die Gewissheit, auf dem richtigen Kurs zu sein. Und auch das Steuern ist mit diesem Wegweiser nun deutlich einfacher. Wir haben natürlich auch elektronische Navigationshilfen an Bord, aber Karte und Kompass sind unsere Hauptnavigation. Wir sind zufrieden, trotz unseres Kurses hart am Wind bei etwa zwei Meter hohen Wellen sind wir sehr präzise auf Kurs. Unsere erste gemeinsame Nachtfahrt verläuft wunschgemäß, wir vier haben uns gut auf einander eingespielt und wechseln uns in Zweierteams im Cockpit ab.
Kurzer Zwischenstopp
Als der Tag anbricht, sind wir nur mehr wenige Meilen von der Insel entfernt. Dort angelangt bergen wir die Segel und versuchen in Lee unter dem Leuchtturm vor Anker zu gehen. Doch auf dem felsigen Untergrund auf der Nordwestseite von Palagruža findet unser Anker keinen Halt. Also setzen wir kurzerhand Dietmar und Christoph mit dem Dingi aus, damit sie einen Landgang unternehmen können. Thomas und ich fahren inzwischen an der Küste entlang nach Osten. Die Insel ist schroff und hoch oben thront seit 1875 der Leuchtturm, in dem noch immer Leuchtturmwärter ihren regelmäßigen Dienst versehen. Außerdem werden dort zwei Ferienwohnungen vermietet – genau das Richtige, falls jemand auf der Suche nach Ruhe und Abgeschiedenheit ist. Palagruža ist die südlichste und entfernteste Insel Kroatiens.
Unser Aufenthalt ist kurz, Crew und Dingi sind wieder an Bord. Wir wollen weiter und nehmen nach einer Runde um Palagruža Kurs zurück in den Norden.
Und weiter geht’s
Ein langer Tag mit perfekten Segelbedingungen um vier bis fünf Beaufort bringt uns in den kleinen Ort Ubli auf der Insel Lastovo. Als wir an in den Hafen einlaufen ist es bereits wieder dunkel. Die Bucht wirkt verlassen, aber schließlich finden wir einen freundlichen und hilfsbereiten Einwohner, der uns einen Liegeplatz für die Nacht gleich hinter dem Fähranleger empfiehlt. Wir haben eine ruhige Nacht und schlafen fest.
Gleich am Morgen verlassen wir Ubli und segeln weiter an die Nordseite der Insel Lastovo und weiter in östlicher Richtung. Bei grauem Himmel, teilweise Wokenbruch und bei gutem, kräftigem Südostwind (Jugo) mit sechs Beaufort umrunden wir Kap Ražnjić und surfen die letzten Meilen auf zwei bis drei Meter hohen Wellen zu unserem nächsten Etappenziel, Korčula. Eine Runde mit dem Boot um die Halbinsel mit der Altstadt, danach in der Marina anlegen, Stadtspaziergang und entspanntes Abendessen.
Kultur & Natur
Schon beim Auslaufen in der Früh begleitet uns die Sonne. Bei immer schwächer werdenden Winden steuern wir nach Westen auf die Stadt Hvar zu. Wieder wird es ein Schlag, der den ganzen Tag in Anspruch nimmt. Schöner Nebeneffekt: Abendstimmung mit tiefstehender Sonne an der Südküste der Insel Hvar. Wunderschön. Die Stadt auch. Im April herrscht auch hier noch Ruhe und wir genießen das gemütliche Leben im Hafen und der Stadt.
Der gute Wind lockt uns zu einem Abstecher nach Vis, das wir dank fünf bis sechs Beaufort aus Nordwest zügig erreichen. Als Etappenziel haben wir etwas Besonderes gewählt, die Stiniva. Im Sommer eine beliebte Bucht bei Yachties und Badenden sind wir jetzt im Frühling alleine hier. Also setzen wir großzügig den Anker mitten in der Bucht und spannen zusätzliche Landleinen an Backbord und Steuerbord. So verankert, mit nordöstlichen Winden (Bora) und völlig glatter See haben wir eine ausgesprochen ruhige Nacht. Sternenklar, Vollmond und auch die internationale Raumstation runden unser Freiluftkino ab. Wow-Faktor: riesig!
In der blauen Grotte
Doch schon am nächsten Tag erwartet uns ein weiteres Highlight: Die blaue Grotte der Insel Biševo. Auch hier sind wir alleine, auch kassiert niemand einen Eintritt und so rudern wir unser Dingi sachte durch die enge Einfahrt in die Höhle. Und dort erwartet uns ein Naturschauspiel allererster Klasse. Die ganze Höhle erstrahlt in blauem Licht, das durch eine Öffnung unter der Wasseroberfläche kommt. Dazu die Stille und ein paar aufgescheuchte Kalmare unter uns. Ein zeitloser, unserer gewohnten Welt entrückter Ort.
Schließlich müssen wir dennoch wieder zurück zu unserer Yacht, wir haben noch einen langen Weg vor uns, bis wir wieder zurück in Marina sind. Kurze Zwischenstopps legen wir noch auf der Insel Šolta und in Trogir ein. Ersterer zum Ankern in der Bucht Stračinska, letzterer für Sightseeing und zum Tanken.
Fazit: Eine hervorragende Segelwoche mit Sport und Abenteuer, Sighseeing und Genuss. Kroatien, wir kommen wieder!